Petersberg
Nahezu drei volle Unterrichtsstunden ohne Pause saßen rund 130 Zehntklässler der Konrad-Adenauer-Schule gespannt und aufmerksam in der voll besetzten Aula der Petersberger Realschule und erlebten dabei zweifelsohne mehrere emotionale Gratwanderungen. Zu zwiespältig waren die Schilderungen von Manuel Bauer, einem 36jährigen gebürtigen Sachsen, der aus seinem bewegten Leben berichtete.
Der 36-Jährige war zu einem großen Teil seines Lebens bekennender Neonazi und lange Anführer mehrerer einschlägiger und militanter Gruppierungen in seiner sächsischen Heimatstadt Torgau und im benachbarten Sachsen-Anhalt, bevor er mit Unterstützung der Organisation „Exit“ den Ausstieg schaffte und es sich heute zur Aufgabe gemacht hat, vor den Gefahren und den vielschichtigen Erscheinungsformen des offenen und verdeckten Terrors durch Nazi-Gruppierungen zu warnen.
Es herrschte beklemmende Stille, bisweilen war auch blankes Entsetzen bei den Jugendlichen zu erkennen, als Bauer von seinem Zugang zur rechten Szene, die Vorliebe zu volksverhetzender Musik bis hin zu offenen Gewaltattacken auf Ausländer, Homosexuelle oder einfach nur anders Denkende berichtete. Die Gewalt erreichte dabei den Gipfel, als er eine offenkundig schwangere Frau zusammenschlug.
Nachdem er zusammen mit „Exit“ den Ausstieg geschafft und einen neuen Wohnsitz in Süddeutschland gefunden hatte, wurde er rasch zu einem überzeugten Verfechter des gewaltfreien Umgangs miteinander, und diese Einstellung will er nun jungen Menschen nahe bringen. Dabei erzählt er, wie leicht und aus ganz banalen Gründen man in diese Gedankenwelt eintauchen kann. Er warnt die Schüler ganz eindringlich davor, andere auszugrenzen, aufgrund von Eigentümlichkeiten zu attackieren oder gar zu mobben. „Das Mobbing ist erste Form von Gewalt. Wehrt euch dagegen oder zeigt es an, wenn ihr es mitbekommt,” fordert er die jungen Leute wiederholt auf und sagt, dass fehlendes Schuldbewußtsein weitere Taten befördert. „Wir haben uns eigentlich nie schuldig, nie als Täter gefühlt,“ erklärt er.
Zum Abschluss waren die Schüler aufgefordert, ihre Fragen zu stellen, und ganz rasch wurde der Bezug zum Aktuellen hergestellt: Wie er denn zur aktuellen Flüchtlingsfrage stehe, wie man den rechten Tendenzen in dieser Frage begegnen könne. Als Erkenntnis gab Bauer den Schülern mit auf den Weg: „Schließt nie jemanden aus eurer Mitte aus und vor allem: Schreitet ein, wenn ihr Zeugen von Gewalt werden solltet.“
Stefan Metzler, Politiklehrer an der Adenauerschule, nach der Veranstaltung: „Wir wollten mit dieser Aktion ein Zeichen gegen den Rechtsextremismus setzen, zumal Toleranz und Präventionsarbeit an unserer Schule eine wichtige Rolle spielen.“